Anycubic Kobra S1 Combo – Ein Erfahrungsbericht nach dem Wechsel von Bambulab und 300 Stunden Druck
Der 3D-Druck entwickelt sich in einem unglaublichen Tempo – was früher hauptsächlich mit Labors und Elektronik-Enthusiasten verbunden war, wird heute immer zugänglicher für alle, die eigene Projekte verwirklichen wollen. Das größte Hindernis war dabei nie wirklich der Preis, sondern die Komplexität: Kalibrierung, Druckbett-Nivellierung, Probleme mit Extruder oder Firmware konnten Einsteiger leicht entmutigen.
Glücklicherweise erfüllen neuere Modelle zunehmend die Erwartungen der Nutzer und ermöglichen es, fast direkt „aus der Box“ loszulegen.
Ein solcher Drucker ist zweifellos der Anycubic Kobra S1 Combo, den ich über 300 Stunden lang nutzen konnte – dieser Test basiert auf genau dieser Erfahrung. Dreihundert Stunden sind genug, um seine Stärken kennenzulernen, seine Zuverlässigkeit praktisch zu testen und zu beurteilen, ob es wirklich eine Maschine ist, die ich nicht nur Anfängern, sondern auch fortgeschrittenen Nutzern empfehlen kann.
Mein 3D-Druck-Hintergrund
Zuerst etwas zu mir – meine Reise mit dem 3D-Druck begann vor sechs Jahren. Damals hatte ich vier Ender 3 V1 und Druckaufträge von einem Freund, der Drucke verkaufte.
Dann wechselte ich zu zwei Artillery Genius, die so etwas wie ein kleiner Durchbruch waren: Direkt-Extruder statt Bowden, leiser und schneller, dazu ein Touchscreen – ich hatte das Gefühl, einen großen Schritt gemacht zu haben.
Ein Jahr später verkaufte ich diese Drucker, hatte kurzzeitig den einfachen Anycubic Kobra Neo, gab den 3D-Druck aber im Allgemeinen auf.
Mit der Einführung des Creality Ender 3 V3 SE kehrte ich zurück – diesmal rein als Hobby. Während die Ender 3s eher einen schlechten Ruf haben (obwohl ich aus meinem ersten Ender viel gelernt habe und es nicht bereue), war der V3 SE ein klarer Fortschritt: leiser, schnelles Drucken, automatische Nivellierung und vor allem Zuverlässigkeit. Ich nutzte ihn ca. 200 Stunden lang, ohne ein einziges Problem.
Ein wenig bereute ich, nicht auf die V3 KE-Version mit Klipper und Netzwerkzugang gewartet zu haben, aber insgesamt war ich zufrieden.
Da ich im neuen Apartment wenig Platz hatte, landete der Drucker auf dem Boden im Arbeitszimmer. Ich entschied mich, ihn zu verkaufen und etwas Kleineres zu nehmen, das in die Kommode passte. Zur Wahl standen eigentlich nur der Prusa Mini (etwas veraltet – Bowden-Extruder, geringe Geschwindigkeit, aber zuverlässig) und der Bambulab A1 Mini ohne AMS, da ich so lange nur einfarbig gedruckt hatte, dass ich dachte, Multimaterial sei überflüssig.
Ich entschied mich für Letzteren – und machte wieder einen Schritt nach vorn: noch bessere Nivellierung (wirklich zu 100 % zuverlässig) und Fernsteuerung per App – bis dahin nutzte ich nur USB-Stick, also ein echter Durchbruch. Vorschau und Kamera in der App – großartig.
Dieser Drucker lief rund 700 Stunden. Ich druckte zum Spaß, bekam aber gelegentlich auch Aufträge von alten Kontakten – so kamen die Stunden schnell zusammen.
Bald fehlte mir aber Platz für größere Drucke, die ich ablehnen musste. Außerdem hörte ich immer öfter, dass Drucken ohne Multicolor keinen Sinn mache – in Facebook-Gruppen kommentierte ich stur, dass Ratschläge wie „Hol dir AMS oder du bereust es“ nicht ganz zutreffen. Trotzdem wurde es zunehmend verlockender.
Anfang 2025 kam es dann zur Kooperation mit dem Shop Geekbuying, der mir ein Testgerät des Kobra S1 Combo zuschickte. Wichtig: Der Shop hatte keinen Einfluss auf den Test. Vorgaben waren nur: technische Daten nennen und Multicolor-Drucke testen. Niemand las den Text vorab, niemand nahm Einfluss.
Beim Umbau unserer Waschküche reservierte ich mir zusammen mit dem Schreiner gleich einen Platz für einen Drucker in der Größe des Kobra S1 Combo.

Kobra S1 Combo – Aufbau & Erste Eindrücke
Die Konstruktion beeindruckt sofort. Das Gestell aus Aluminiumprofilen ist stabil und reduziert Vibrationen. Der Aufbau dauert kaum mehr als ein paar Dutzend Minuten – Teile anschrauben, Kabel einstecken, fertig. Das Gehäuse ist aus Kunststoff, wirkt aber keineswegs billig – völlig ausreichend.
Insgesamt wirkt der Drucker modern und elegant – und verschandelt den Raum nicht, wie etwa ein Qidi Q1 Pro (der technisch aber auch stark ist).
Vorne befindet sich ein Farb-Touchscreen, der die Bedienung stark vereinfacht. Klare Icons, logisches Menü – auch Einsteiger finden sich sofort zurecht.
Die Combo-Version enthält ein AMS (Automatic Material System), womit mehrere Filamente gleichzeitig nutzbar sind. Damit lassen sich mehrfarbige Drucke realisieren, ohne Spulen manuell zu wechseln, und auch lösliche Stützmaterialien wie wasserlösliches Filament einsetzen.
Automatische Druckbett-Nivellierung
Wer alte 3D-Drucker kennt, erinnert sich an die mühsame manuelle Nivellierung – Schrauben drehen, Papierstreifen, endlose Versuche. Der Anycubic Kobra S1 Combo spielt hier in einer anderen Liga – auch wenn Auto-Leveling inzwischen selbst bei den günstigsten Druckern Standard ist.
Das Gerät nutzt 25-Punkt-Auto-Leveling, scannt die Oberfläche und passt die Bewegung der Düse an. In der Praxis heißt das: der erste Druck klappt sofort. Die erste Schicht ist gleichmäßig und haftet perfekt.
Gerade Anfänger, die von Kalibrierung frustriert sind, schätzen das sehr.
Online las ich, man müsse noch den Z-Offset manuell nachjustieren. Auch im YouTube-Livestream schrieb jemand „stell einfach Z-Offset ein und druck los“. Stimmt – bei mir war der automatische Wert nicht perfekt, ein Offset um -0,05 funktionierte am besten.
Hier mein Profil – einzige Änderung: Z-Offset.

Das Nivellieren funktioniert absolut zuverlässig, danach kann man es sogar deaktivieren – ich selbst wechsle je nach Laune. Beides klappt problemlos.
Drucken mit Verschiedenen Materialien
Ich habe mehrere Filamente getestet und war sehr positiv überrascht:
- PLA – glatte, saubere Drucke mit feinen Details
- PETG – temperaturbeständig, super für Funktionsteile; kein Stringing, keine Verstopfung
- TPU – oft problematisch, hier aber tadellos. Perfekt flexibel – ich nutzte es später für ein RC-Flugzeugrad
- ABS – schwierig wegen Schrumpfung, aber mit passenden Einstellungen robust und stabil
- LW-PLA – leichtes, „schaumiges“ Flugzeug-PLA für RC-Flugmodelle
Das Multicolor-System erlaubt schnelle Materialwechsel und Farbwechsel im Druck. Mit PVA oder HIPS-Stützen eröffnen sich neue Möglichkeiten für komplexe Modelle.
Einziger Nachteil: Laden/Entladen dauert, da das Filament komplett bis zum Hotend fährt. Wechsel also länger. Ansonsten keine Probleme.
Besonders stark: der eingebaute Filament-Trockner. Man kann Filament separat oder während des Drucks trocknen – Temperatur und Zeit einstellen, fertig. Vorher brauchte ich keinen Trockner (90 % PLA/PETG), aber hier öffnete sich die Möglichkeit für TPU und andere feuchtigkeitsempfindliche Materialien.
Mehrfarbige Drucke und Farbwechsel funktionierten fehlerfrei.

Alles steuerbar per Display oder über Anycubics offiziellen Slicer (auf Orca Slicer basierend).

Druckqualität
Entscheidend in jedem Test: die Druckqualität. Der Kobra S1 Combo überzeugt. Bei 0,2 mm Schichthöhe: schnelle Drucke, glatte Oberflächen. Bei 0,1 mm: sehr präzise Details – ideal für Figuren oder optisch anspruchsvolle Teile.
Wichtig: selbst große Modelle über die gesamte Druckfläche gelingen gleichmäßig – dank Auto-Leveling und stabiler Konstruktion. Qualitätstechnisch: absolute Spitze im Budget-Bereich. Noch nie hatte ich bessere Druckqualität – höchstens vergleichbar (Bambulab A1 Mini).

Stabilität & Zuverlässigkeit – 300 Stunden Betrieb
Die größte Überraschung: Nach 300 Stunden läuft der Drucker wie neu. Nach meinen Erfahrungen mit dem Kobra Neo und Facebook-Berichten war ich skeptisch, ob er den Bambu A1 Mini ersetzen könnte.
Aber nach ein paar Monaten verkaufte ich den Mini ohne Zögern. Kein Zurück. Der Kobra deckte alle meine Bedürfnisse.
Keine Ausfälle, keine Verstopfungen, keine Elektronikprobleme. Alles läuft präzise.
Ein einziger Fehldruck: 10 TNT-Würfel über Nacht – plötzlich Lüfter volle Pulle, aber kein Kopfbewegung. Ergebnis: „Spaghetti“. Ursache: Verstopfung hinten beim Filament-Cutter. Ich druckte mir dann einen Korb, um Abfälle aufzufangen.

Nach Reinigung druckte er wieder perfekt.
Fazit: Der Kobra S1 Combo ist ein Drucker, auf den man sich verlassen kann. Einschalten, Datei starten, fertig.

Firmware-Experimente – Rinkhals und Teilzugriff auf Klipper
Aus Neugier spielte ich mit Alternativen. Zuerst nutzte ich nur Anycubic Slicer Next – stabil, Orca-basiert, mit WLAN-Print.
Doch ich wollte direkt Orca Slicer nutzen, wie zuvor bei anderen Druckern. Problem: beim Kobra fehlt die Library für Netzwerkdruck – man kann Orca Slicer also nicht direkt verbinden.
Meine Lösung: Modell in Orca slicen, G-Code exportieren, in Anycubic Slicer öffnen und dann übers WLAN senden. Ein Schritt mehr, aber immer noch besser als USB-Stick.
Zwischendurch Probleme: Anycubic Slicer stürzte ab, Remote-Druck war unmöglich. Im Netz fanden sich viele Betroffene nach dem Update – Anycubic fixte es am nächsten Tag.
Bis dahin testete ich Alternativen: Rinkhals (auf GitHub), eine Firmware-Erweiterung, die versteckte Klipper-Funktionen freischaltet. Vorteile: WLAN-Druck direkt via IP in Orca, Mesh-Bed-Mapping, Webpanel (Mainsail) im Browser.

Rinkhals ersetzt die Firmware nicht, läuft „on top“. Aber Einschränkungen: Multimaterial nur nach Spulenreihenfolge, kein frei wählbarer Farbslot. Viele Klipper-Befehle fehlen. Bett-Mesh speichert nicht zuverlässig. Unterschiedliche Ergebnisse nervten.

Kamera-Freigabe für Rinkhals erlaubt Browser-Zugriff, bricht aber App-Support. Entfernt man sie, funktioniert Kamera wieder normal.
Nach Tagen Herumprobieren ging ich zurück auf die Original-Software. Seitdem alles stabil. Rinkhals bleibt installiert, wird aber praktisch nicht genutzt. Für Anfänger oder Kinder absolut nicht empfehlenswert.
Benutzererlebnis
Der Touchscreen ist ein echter Komfort – Temperatur, Leveling, Dateien – alles schnell und intuitiv.
Die Lüfter sind hörbar, aber im Vergleich erträglich. Bei Bedarf kann man sie gegen leisere tauschen. Mit offener Tür ist er lauter als der Bambu A1 Mini.
Ich druckte ein komplettes RC-Flugzeug (über 1 m Spannweite): Orange LW-PLA, weißes ABS für Motorhalter, TPU fürs Rad, PLA für Kleinteile wie Scharniere.



Vergleich mit Bambulab
Frage vieler: „Anycubic Kobra S1 Combo oder Bambulab P1S AMS?“
Die meisten sagen „Bambu“ – wegen Ruf und Verbreitung. Anycubic hatte lange kein Top-Image.
Meiner Meinung nach: beide sehr stark. Ähnliche Größe, Leistung, Druckqualität.

Der Kobra S1 Combo hat einen eingebauten Trockner – Bambu nicht. Dafür mehr Abfall bei Multicolor.
Bambu punktet mit besserer Qualitätskontrolle, wird aber wegen Server-Zwang kritisiert.
Im direkten Vergleich mit meinem A1 Mini: Kobra = Schritt nach vorne. Größeres Druckvolumen, geschlossenes Gehäuse. Qualität gleichwertig. Einziger Nachteil: längere Startzeit (2–3 Minuten mehr), da das Filament immer komplett zurückgezogen wird.
Kaufempfehlung
Den Kobra S1 Combo gibt es in vielen Shops – ich empfehle besonders Geekbuying.com. Offizieller Vertrieb, kostenloser Versand aus EU-Lager.
Link: Anycubic Kobra S1 Combo auf geekbuying
Tipp: Auf gbpromo die Suche nutzen („Kobra S1 Combo“) – dort findet man aktuelle Coupons für Rabatt.
Fazit
Nach 300 Stunden Dauereinsatz ist klar: Der Anycubic Kobra S1 Combo ist ein Drucker, dem man vertrauen kann. Er hat mich nie im Stich gelassen, jedes Projekt klappte wie erwartet.
Stärken:
- stabile Konstruktion & Zuverlässigkeit
- automatische Druckbett-Nivellierung
- Unterstützung vieler & flexibler Filamente
- AMS für Multimaterialdruck
- Erweiterbarkeit mit Rinkhals/Klipper
- intuitive Bedienung & modernes Interface
Schwächen:
- Lüfter könnten leiser sein
- Firmware weniger flexibel als echtes Klipper
- anfängliche Slicer-Bugs (inzwischen behoben)
Für Einsteiger wie Fortgeschrittene eine hervorragende Wahl.
Endwertung: 9/10 – ein stabiler, vielseitiger, moderner Drucker, der sowohl Anfänger als auch Enthusiasten überzeugt.
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